Heft 5

Pia Merz

Bürgerfunk zwischen Anspruch und Wirklichkeit

Organisations- und Programmstrukturen nichtkommerziellen lokalen Hörfunks am Beispiel Hessen

Neben dem öffentlich-rechtlichen und dem privat-kommerziellen Hörfunk gibt es in der Bundesrepublik seit 1987 auch privaten nichtkommerziellen Hörfunk, der sich eine breite Beteiligung von Vereinen, Initiativen, Gruppen und Einzelpersonen auszeichnet. In Hessen hat die Landesanstalt für privaten Rundfunk (LPR) erstmals im Januar 1995 eine Lizenz im Rahmen des Konzepts Nichtkommerzieller Lokaler Hörfunk (NKL) erteilt und zur Zeit können sieben werbefreie Lokalradios empfangen werden.

Die Ziele des nichtkommerziellen Hörfunks sind unter anderem durch lokale Identität, Bürgernähe und Gegenöffentlichkeit gekennzeichnet. Das Lokalradio soll möglichst vielen Gesellschaftsgruppen ein öffentliches Forum bieten und als Sprachrohr der Bürger für Themen dienen, die in anderen Medien weniger Beachtung finden. Zwar bestimmt eine recht große Themen- und Musikvielfalt die Programmschemata der Sender, doch die Mitgliederstruktur der hessischen Lokalradios ist nicht sehr vielfältig und keineswegs repräsentativ für die Bevölkerung - der Prototyp der NKL-Produzenten ist jung, männlich und hochgebildet.

Im Rahmen einer Programmanalyse stellte die LPR Hessen ein Wort-/Musikverhältnis der Lokalradios von durchschnittlich 31 zu 69 Prozent fest. Rund 60 Prozent der Wortbeiträge bestehen aus Information mit politischen und kulturellen Themen als Schwerpunkt, jedoch nur 30 Prozent der Berichte sind tagesaktuell. Nach einer Untersuchung der Autorin existieren in den nichtkommerziellen Lokalsendern thematisch nur geringe Unterschiede zu den öffentlich-rechtlichen und privaten Sendern. Lediglich die unprofessionelle Machart und die Präsentationsform differieren. Dennoch bereichern die nichtkommerzieller Lokalsender durch den lokalen Bezug vieler Sendungen die Radioprogrammvielfalt in Hessen.

MP 5/1998, S. 250-258



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